Asali und Bweka
Die Veröffentlichung von Asali und Bweka im August 2012 auf der RRiN-Seite berührte mich sehr.
Aber wer sollte sich schon für gleich zwei, wirklich sehr alte Hunde melden? Das würde schon ziemlich gut passen müssen. Also am besten eine Pflege- oder Endstelle mit Erfahrung im Zusammenleben mit einem alten Hund und Mehrhundehaltung? Naja, irgendwann wird jeder Hund alt – oder vielleicht auch mal krank. Ein nicht zu turbulenter Haushalt mit meistens geregeltem Tagesablauf. Ältere Kinder mit Hundeerfahrung, evtl. ein freundlicher Hund, bevorzugt alle jenseits der Pubertät. Platz genug, gern Erdgeschoss, praktischer-weise etwas Grünzeug direkt an der Wohnung. Also doch mehr als das klassische Anforderungsprofil.
Nur ging es hier gleich um zwei sehr alte Ladies. Wobei glücklicherweise ja auch schon das eine oder andere Duo zusammen vermittelt werden konnte. Aber in dem Alter..wie lange hat man die denn dann noch, wie
groß sind die Einschränkungen, wann erwischt einen die erste gesundheitliche Hiobsbotschaft beim Tierarzt?
Ganz abgesehen von den Erfolgsaussichten, mit so alten Hunden an eventuellen Verhaltensbaustellen zu arbeiten. Aus meiner Sicht, schlechte Karten für die Beiden. Trotzdem hoffte ich sehr, es würde sich jemand melden.
Die Mädchen standen weiterhin auf der RRiN-Seite. Dann kam die Information, es würde dringend, die beiden würden eventuell auch getrennt vermittelt werden.
So sehr ich auch grübelte, in meinem Umfeld mir fiel niemand ein. Außer mir selbst. Na prima. Wollte ich das wirklich? Was würde mein Sohn dazu sagen? Wie fänd‘ der Baki, mein sechsjähriger Ridgeback-Bub, das? Wäre es fair, den beiden Brüdern im Geiste derart betagten Zuwachs zuzumuten? Klappt das annähernd so, wie man es sich in einer Mischung aus Tierliebe, Mitleid und Hilfsbereitschaft denkt?
Ich erinnerte mich an die Jahre mit meiner ersten Ridgeback-Hündin Eliz. Eine wunderbare Zeit und wenn auch die letzten zwei Jahre durch ihre fortschreitenden Erkrankungen geprägt waren, wollte ich keinen
Moment missen.
Lagebesprechung mit Junior. Wir sind uns schnell einig, wohlwissend, dass wir alle zurückstecken müssen werden und eine große Verantwortung übernehmen, mit unsicheren Erfolgsaussichten. Aber wir wollen Asali und Bweka unbedingt helfen, wenigstens erstmal als Pflegestelle. Spät abends email an RRiN. Freitagmorgen lange Telefonate. Es ist dringend. Am Samstag kommen die Mädchen mit ihrer Besitzerin zum Kennenlernen mit Bleibeoption. Plan B und C sind auch auf Abruf verfügbar, was soll schon schief gehen? Asali und Bweka bleiben direkt hier.
Seit Mitte Oktober des letzten Jahres leben die Mäuse nun hier, schon bald Golden Girls genannt. Freundlich, brav und mit erfreulich hellwachen Sinnen. Asali kommt ziemlich klapprig und in sich gekehrt an, Bweka ganz das Gegenteil, verblüffend munter und sofort sehr anhänglich. Dennoch zeigt sich Asali auch in kleinen Gesten sehr verbindlich.
Mir ist sehr wichtig, einen ersten Überblick über ihren gesundheitlichen Status zu erhalten. Asali macht mir
tageweise Sorgen und manche schlaflose Nacht, beide haben offensichtlich Zahnprobleme, Bweka akut, anzunehmenderweise hat sie auch eine Blasenentzündung, der Tumor an ihrem Unterkiefer beunruhigt mich ebenfalls. Die diversen anderen Knubbel der beiden haben erstmal keine Priorität, wohl aber konsequente Ohrreinigung mit Erfolg. Asali fühlt sich danach deutlich wohler.
Meine Tierärztin kommt zum Hausbesuch, in Zivil. Die Mädels riechen sofort Lunte und sind so empört, dass
ich sie räumlich trennen muss. Die Ergebnisse sind zum Glück soweit ok, wir behandeln eins neben oder nach dem anderen und planen die Gebiss-Sanierung incl. diverser Tumorentfernungen.
Die Menschen von RRiN erweisen mir nach der Zustimmung für die Pflegestelle erneut allergrößtes Vertrauen, in dem ich freie Hand für alle erforderlichen Maßnahmen, die insbesondere der medizinischen Versorgung der Mädels dienen, zugesichert bekomme.
Fast zeitlebens zusammen, sind Asali und Bweka ein sagenhaft eingespieltes Team und arrangieren sich bereitwillig mit ihrem neuen Lebensumfeld. Warme, weiche Liegeplätze, seniorengerechte Mahlzeiten und Spaziergänge sowie ein charmanter Ridgeback-Bub, der ihnen stolz jedes Kaninchen-Loch zeigt, dazu vertrauenswürdiges zweibeiniges Personal mit erträglichem Nervfaktor, das lässt sich gut an.
Eine wirklich überwältigende Welle der Hilfsbereitschaft tost auf uns zu. Meine Familie, Freunde, Hunde-
Bekanntschaften und vor allem viele liebe Menschen aus dem Ridgeback-Forum, von denen ich nur einige persönlich kenne, bieten Hilfe jedweder Art an. Es ist gut, das zu wissen.
Klar müssen wir auch hier erst lernen, uns in kleineren Details zu verstehen. Und ein bißchen müssen wir uns
auch erst durchschauen. Ich begreife z.B., dass Asali gar nicht immer schwerhörig ist, sondern nur dann, wenn sie es für angemessen hält. Oder dass Bweka gern mal Fressbares klaut. Tja, Gelegenheit macht Diebe. Wir müssen wieder mehr aufräumen. Der Versuch, die Hunde auf unterschiedliche Spaziergänge zu verteilen, scheitert bis auf die große frühe Morgenrunde mit Baki und Bweka. Ansonsten wollen alle mit. Immer.
Wir freuen uns über jede Aktion der Mädchen, jede weitere Entwicklung. Sie beginnen zu spielen und kennen offenbar viele Wörter, die sie verknüpfen. Spitzenreiter sind: Küche, Futter, Couch – in genau dieser Reihenfolge. Innerhalb kürzester Zeit erlange ich semi-professionelle Kenntnisse über Hundemäntel jedweder Machart. RRiN meldet sich charmant zur persönlichen Kontrolle. Scheint einigermaßen zufriedenstellend ver-
laufen zu sein, ein Bescheid über eine Zwangsräumung bleibt aus.
Das Schicksal schlägt Mitte November schrecklich hart zu. Wir müssen plötzlich und unerwartet Abschied von Baki nehmen. Ich bin am Boden zerstört.
Damit sind alle Überlegungen, wieviel Zeit einem noch bleibt mit den Hunden, wie lange besonders so ein alter Nothund wohl noch einigermaßen fit ist, ad absurdum geführt. Man weiss es nie..
Bald schon steht fest, dass die Mädchen für immer bei uns bleiben sollen. Es ist, als seien sie schon immer da gewesen, wenn uns auch ein paar Jahre fehlen. Ich beantrage die Adoption bei RRiN und bekomme an Bwekas 12. Geburtstag die Zusage. Ich habe den Eindruck, sie kann mehr mit dem Geburtstags-Hackfleisch-Auflauf anfangen, als mit dieser Nachricht. Wahrscheinlich hatten sie mich schon längst durchschaut und wussten, dass ich sie nicht mehr hergeben wollte. So lautet unser Motto: „jeder gute Tag zählt“ und davon hatten wir bislang ganz viele. Es sollen noch viele dazu kommen.
Mein Herz hing schon immer besonders an den Silberschnuten, für die ein neues Zuhause gesucht wird. Auch ich musste erst einmal feststellen, ob es mit Asali, Bweka und uns in akzeptablem Umfang klappt. Das ist legitim und jeder ist irgendwann zum ersten Mal Pflegestelle. Wir haben zwei ausgeglichene fröhliche Mädchen bekommen. Sicherlich spielt auch eine alterstypische Gelassenheit der beiden eine Rolle für das unkomplizierte Zusammenleben. Sie sind nicht mehr ganz so flexibel und belastbar, logo. Und manchmal klappt auch etwas nicht nach Wunsch. Wo tut es das schon immer? Auf der anderen Seite ist es herzerfrischend, welche Tricksereien und Albernheiten die beiden sich noch einfallen lassen. Und wie gern sie auch noch Neues lernen, von wegen, was Hänschen nicht lernt..
Mit einer ausgewogenen Kombination aus Verstand, Geduld und Herz geht alles. Man muss nicht viel mehr geben als für jüngere, fittere Hunde, anders vielleicht. Man bekommt es auch von den Oldies tausendfach züruck. Manchmal muss man sich nur selbst in die richtige Richtung stupsen..
Ich danke RRiN und allen Helfern aus tiefstem Herzen für all die unermüdlichen Bemühungen um jeden einzelnen Nothund und auch für das mir entgegengebrachte Vertrauen und die Unterstützung.
Martina mit Lennart und den Golden Girls, Asali & Bweka.
02.04.2013
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